Auf nach Guernsey

Ein paar Tage Cherbourg haben ganz gut getan .. irgendwo zu sein, wo man sich nach 1-2 Tagen ein bisschen auskennt und weiß, wo man was findet. Wir waren mit dem Fahrrad und E-scooter in der Stadt, Einkaufen, Wäsche waschen und haben neue Reffbeschläge ins Großsegel einnähen lassen.

Dienstag machten sich mit uns noch 2 weitere Boote auf in Richtung Guernsey, eine der Kanalinseln. Wir hatten gemeinsam geplant, wann das richtige Zeitfenster für die sehr anspruchsvolle Überfahrt ist, es geht durchs „Alderney Race“, das heftigste Strömungsgebiet Europas und wir hatten alle ordentlich Respekt vor dieser Passage, die zwischen der Insel Alderney und dem franz. Festland durch geht. Unterwegs hisst man die Gastlandflagge Guernseys und die gelbe Quarantäneflagge, weil man Europa verlässt und auf Guernsey einklarieren muss.

Abends kamen wir in Guernsey an und mussten noch eine Weile außerhalb des Hafens warten, bis der Wasserstand hoch genug war, um in den Hafen einzufahren, der Wasserstand variiert um 5-6 m. Vor dem Hafen befindet sich eine sogenannte Barre (Untiefe), die verhindert, dass der Hafen bei Niedrigwasser leer läuft und über die man rüber muss. Je nach Tiefgang hat man 2x innerhalb von 24 Stunden ein Zeitfenster, um rein oder raus zu kommen. Dieses Zeitfenster verschiebt sich jeden Tag um 40-50 Minuten … ist also jeden Tag anders. Wir haben es ohne Grundberührung geschafft.

Guernsey ist vom Flair her „very british“ … kleine Natursteinhäuschen, enge Strassen, Linksverkehr, Pubs, Strände mit britischer Sommerfrische. Wir schalteten die mobilen Daten aus, W-lan war superschlecht, also mal handyfrei. Die ZULU und LUVALUVA fuhren am nächsten Tag weiter, aber abends kam die HOLLY GOLIGHTLY, die wir schon aus Cherbourg kannten und die wir an der Hafeneinfahrt mit „Hey, da seid Ihr ja“ begrüßten. Die Zwei waren wegen Motorproblemen einen Tag später in Cherbourg losgesegelt.

Am nächsten Tag erkundeten wir Guernsey per Tagesticket für den öffentlichen Busverkehr und fuhren kreuz und quer über die Insel … superspannend bei den engen Straßen, die manchmal für einen kleinen Bus und ein Fahrrad schon zu schmal sind, das Ganze mit Linksverkehr, also auch falschrum in den Kreisverkehr. Wir waren uns einig, dass wir die Fahrräder nicht auspacken … lebensgefährlich!

Abends gab es eine Lagebesprechung mit der HOLLY bez. der Weiterfahrt. Zu bedenken ist die Tide, die Strömung (Stärke und Richtung), Windrichtung und die Zeitverschiebung zwischen Guernsey-Zeit  Frankreich-Zeit und der UTC (universal time coordinated). Somit stellt sich weniger die Frage: Wo will ich hin? als Wo kann ich hin?

 

Wir beschlossen, abends bei Regen und Dunkelheit noch aus dem Hafen zu fahren in die Wartezone, um am nächsten Morgen zeitlich flexibler zu sein für den Start, also nicht auf das passende Zeitfenster für die Hafenausfahrt warten zu müssen. Am Wartepontoon war kein Platz mehr, also beschlossen wir, an einem anderen Boot ins Päckchen zu gehen (an anderem Boot anlegen), eine schicke neue Oyster, seeeehr teuer. Thomas fuhr sehr vorsichtig und kontrolliert an, der Eigner stürmte an Deck und schrie wilde Beschimpfungen, wir sollten verschwinden. So etwas geht gegen jede Regel guter Seemannschaft, man hilft sich gegenseitig und lässt selbstverständlich zu, dass sich ein anderes Boot an das Eigene legt. Thomas schimpfte zurück und nannte den Eigner einen „Shitty yachtsman“. Wir suchten uns also einen anderen Platz an einem großen Katamaran, der auch nicht half, sondern unter Deck fernsah, aber immerhin konnten wir bleiben, abends um 23.00 Uhr und die HOLLY kam auch noch ins Päckchen.

Morgens, nach einer unruhigen Nacht wegen des ganzen Ärgers fuhren wir zur Tankstelle und tankten 430 l Diesel, der in Guernsey um einiges günstiger ist, als in Europa.

Freitag gings weiter mit der HOLLY nach Frankreich zurück nach Lezardrieux, eine unruhige Überfahrt und am Ende durch eine landschaftlich sehr schöne Flussmündung in einen total ruhigen Hafen (ohne Barre), der hauptsächlich von Franzosen belegt ist. Hier bleiben wir noch einen Tag bis die Windrichtung wieder passt und dann steht Roscoff auf dem Plan

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Kommentare: 2
  • #1

    Micha P. (Sonntag, 21 August 2022 21:54)

    Hi ihr Zwei
    Wunderbare Berichte bisher und schöne Bilder.
    Es ist höchst spannend zu verfolgen wo ihr gerade seid.
    Liebe Grüße und weiter viel Glück auf eurer Reise

  • #2

    Loui (Donnerstag, 25 August 2022 15:42)

    Wir fiebern mit Euch und "stalken" Euch regelmäßig!
    Alles Gute zum Auftakt Eurer ersten großen Etappe und viel Glück und gute Winde für den Ritt über die Biskaya.
    (Sind etwas spät dran, weil wir erst noch unserem Jüngsten bei seinem ersten eigenen "Kommando" gebannt folgen mussten! :-))) )
    *Daumen fest gedrückt und streng nach oben*
    Karola & Ludwig.
    P.S.: Grüße an Thorsten!