Cádiz bis Gibraltar


 

Die Überfahrt nach Cádiz verlief gut, wir hielten uns so nah wie möglich an der Küste und erreichten Puerto America spätnachmittags. Im Yachthafen war sehr wenig los, im Frachthafen umso mehr, hier tummelten sich Kreuzfahrtschiffe (u.A. das zweitgrößte der Welt), Tanker, Baggerschiffe und Frachter.

 

Die Altstadt von Cádiz ist in 2 km Entfernung gut mit dem Fahrrad oder E-scooter entlang des  Meeres zu erreichen. Wir verbrachten 10 Tage in dieser wunderschönen, historischen Stadt. Wir fuhren morgens zum Frühstück in die Stadt, wo sich ab ca. 10.00 Uhr viele Spanier in Bars und Cafés versammeln. Man trinkt Kaffee und palavert, 3 Leute sitzen am Tisch … 2 gehen … 3 kommen dazu … ein ständiges Kommen und Gehen, alle reden gleichzeitig und man hat das Gefühl, jeder kennt sich. Die Atmosphäre ist so ganz anders als in Deutschland, total entspannt und kommunikativ, wir saßen einfach nur da und sahen dem Treiben zu. Anschließend gingen wir oft in die Markthalle, wo es neben frischem Fisch auch Gemüse, Fleisch, Brot, Oliven und ein paar kleine Lokale gab. An einem Tag waren wir mal ganz mutig und kauften frischen Tintenfisch fürs Abendessen, was grandios in die Hose, bzw. ins Hafenbecken ging. Ab 14 Uhr verfällt die Stadt in eine Art Mittagsschlaf (Siesta), viele Geschäfte schließen und öffnen erst abends wieder, wo man dann mit Kind und Kegel bis etwa 22 Uhr durch die Straßen läuft. Manchmal sind wir erst gegen Abend in die Stadt gefahren, möglichst nicht mit allzu viel Hunger, denn die Lokale öffnen erst um 20 Uhr für ein paar Tapas und ein Glas Wein. Der pflichtbewusste Deutsche fragt sich schon manchmal nach den Arbeitszeiten in diesem Land ???

Cádiz wirkt insgesamt sehr wenig touristisch, ist die älteste Stadt Europas und fast allseitig vom Meer umschlossen. Es gibt viele sehr schöne Parks mit freifliegenden Papageien und Palmen.

 

Im 16.Jh hat Cádiz wohl regen Handel mit Übersee getrieben (daher der Name PUERTO AMERICA), nachdem der Flusslauf des Guadalquivir, wo wir letztens geankert haben, versandet war und somit der Weg nach Sevilla für die großen Handelsschiffe nicht mehr passierbar war. Daher hatte die Stadt viele wohlhabende Kaufleute mit prachtvollen Stadtpalästen. Es gibt noch etwa 130 Aussichtstürme auf den Stadthäusern, von denen aus früher das Kommen und Gehen der Handelsschiffe beobachtet werden konnte, außerdem ein vorgelagertes Castillo, das als ziemlich uneinnehmbar galt. Mitten in der Stadt gibt es einen wunderschönen Sandstrand, LA CALETA, wo sich einheimische Familien mit Kindern tummeln und man sieht junge Leute mit Badehose und Surfbrett unterm Arm durch die Stadt laufen.

 

Besonders beeindruckt haben uns die dramatischen religiösen Darstellungen in Kirchen und Geschäften in der Stadt. Es drang Weihrauchgeruch aus Läden mit Madonnen und Jesusfiguren am Kreuz, alles sehr aufwändig und dramatisch dargestellt. Sehr schade, dass wir vor Ostern Cádiz schon wieder verlassen mussten, die Prozessionen durch die Stadt mit großen Baldachinen und Kettengerassel wäre bestimmt ein Erlebnis gewesen, aber wir hatten ja Termine in Gibraltar vereinbart.

 

Also verließen wir ein bisschen schweren Herzens diese tolle Stadt, in der wir uns sehr wohl gefühlt hatten, in Richtung Gibraltar. Ziel der ersten von zwei Etappen war Barbate, Hotspot der Orca Attacken in den letzten zwei Jahren. Etwa eine Stunde nach Verlassen des Hafens von Cádiz hörten wir einen ungeheuer lauten Knall, das Boot erzitterte, wir erschreckten uns zu Tode und in etwa 100 m Entfernung sahen wir eine Wasserfontäne aufsteigen. Hatten wir was falsch gemacht? Schoss jemand auf uns und warum? Es gab noch ein paar weitere Einschläge und wir reimten uns zusammen, dass sie wohl von einem nahegelegenen Militärhafen kommen mussten … kein schönes Gefühl … na, hoffentlich hat es auch die Orcas verscheucht.

Wir erreichten ohne Orcakontakt den Hafen von Barbate. Eine Stunde nach unserer Ankunft wurde ein Segelboot unserer Größe von einem Seenotkreuzer in den Hafen geschleppt … wir haben lieber nicht gefragt, was die Ursache war. Wir schauten uns lieber die Strandpromenade und einen der schönsten Strände Andalusiens an.

 

Am nächsten Morgen ging es auf die zweite Etappe Richtung Gibraltar. Zwei holländische Schiffe, die wir schon aus Cádiz kannten, verließen eine Stunde vor uns den Hafen, was uns sehr recht war, so konnten wir sie per AIS beobachten, sehen, wie nah sie an der Küste fuhren und ob sie heil durchkamen. Wir passierten, den Orcaverscheucher hinter uns herschleppend, das CABO TRAFALGAR. War da nicht was? 1805 kämpften hier 60 Kriegsschiffe … Britische gegen Französische und Spanische, die Briten gewannen … was täten wir nur ohne Google?

Auf Tarifa zusteuernd, hörten wir einen seltsamen Funkspruch, es drehte sich um ein Boot mit 9 Besatzungsmitgliedern, das wohl in Seenot geraten war, ein Flüchtlingsboot? Wir checkten die Position und stellten fest, dass wir zu weit entfernt waren, um zu reagieren, was immer das geheißen hätte. Inzwischen war Afrika in Sicht gekommen, Berge im Dunst, für uns ein Meilenstein auf unserer Reise. Wir bogen links ab in die Straße von Gibraltar, eine der am stärksten befahrensten Gebiete der Welt. Ein bisschen erleichtert stellten wir fest, dass gar nicht sooo viel Verkehr war und dass die Straße doch ein wenig breiter ist, als sie in der Seekarte aussieht. Das sollte sich auf der Zielgeraden, den Felsen von Gibraltar im Blick, noch ändern. In der Bucht von Algeciras war sehr viel Wind, sehr viel Verkehr und eine Menge Funksprüche. Wir rauschten nur mit Vorsegel und 7,5 Knoten durch die Bucht in der sich Frachter, Schnellfähren, Kreuzfahrtschiffe und Segelboote tummelten, immer rundum alle im Blick. „Huch, da kommt noch ein Tanker von hinten!“

Spätnachmittags lagen wir sicher in unserer Box, den Felsen von Gibraltar vom Cockpit aus im Blick, die Landebahn des Flughafens, über die man laufen kann, wenn man in den Britischen Teil von Gibraltar will, in Sichtweite … schon eine sehr spezielle Atmosphäre.

Neben uns in der Box liegt eine 45-Fuß Segelyacht mit „angeknabbertem“ Ruderblatt, sieht aus wie ein angebissener Keks, von dem etwa die Hälfte fehlt. Wir sind sooo dankbar, hier heil angekommen zu sein.

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Gernot (Sonntag, 07 Mai 2023 16:33)

    Mannomann. Ihr durchlebt ja echt Abenteuer.
    Auf dass euch das Glück für immer treu bleibt!