In Erwartung unserer nächsten Besucher, Andrea und Michael aus dem Ländle, die 2,5 Wochen mit uns unterwegs sein werden, waren noch ein paar Dinge zu erledigen … einige Teakfugen erneuern, ein Getränke-Großeinkauf mit Lieferung zum Steg (sehr praktisch) und die üblichen Aufräumarbeiten.
Wir entschlossen uns kurzfristig, ein neues Dinghi (Beiboot) in Las Palmas zu bestellen, ein Plan, der schon längere Zeit in unseren Hinterköpfen reifte. Da die Mehrwertsteuer auf den Kanaren mit 7% ziemlich niedrig ist, bekamen wir ein gutes Angebot für ein Highfield-Dinghi mit 2,6 m Länge aus UV-stabilem Material (Hypalon) und einem festen Aluminiumboden. Ruben, der Geschäftsinhaber, hatte mal wieder eine typisch kanarische Grundeinstellung. Sein Laden hatte nur 3 Stunden am Tag geöffnet und wir waren, typisch deutsch, pünktlich zur Öffnung dort. Die Tür war zu und nach einiger Zeit stellten wir fest, dass Ruben in der nahegelegenen Bar tiefenentspannt einen Kaffee trank. Nach der vorsichtigen Frage, ob wir eventuell ein Dinghi bei ihm kaufen könnten, kam erstmal die Einladung zum Kaffee … Danke, lieber nicht. Wir einigten uns dann sehr schnell und er bot an, das Boot 2 Wochen später nach Lanzarote zu liefern, weil wir dann dort sein würden. „Wenn das mal klappt!“ Schon vorweg genommen … es klappte pünktlich und tip-top.
Unsere Besucher kamen am 30. August mit dem Flieger nach Las Palmas und mit dem Bus zum Hafen. Nachdem erst der 2. oder 3. Bus bereit war, sie mitzunehmen, machten sie schonmal Bekanntschaft mit besagter kanarischer Lebensart. Wenn man aus dem Ländle anreist, ist das schon ein herber Kontrast.
Am nächsten Morgen ging es im Kaltstartmodus direkt los Richtung Fuerteventura, weil wir ja den Hafen in Las Palmas am 31. verlassen haben mussten. Das Tagesziel war die Ankerbucht von Morro Jable im Süden von Fuerte Ventura. Wir hatten guten Wind und die neue Crew war trotz Kaltstart nicht seekrank. Am Nachmittag hängten wir die neue Angel ans Heck und waren sehr gespannt. Als Fuerteventura in Sicht kam und wir die Angel schon fast vergessen hatten, machte sie das typische Rattergeräusch und ein Fisch war am Haken … helle Aufregung an Bord …“ein Fisch – ein Fisch!“ Der ziemlich große Brocken konnte sich allerding wenig später frei machen. „Schade!“ Ein paar Minuten später hing ein anderer, etwas kleinerer Fisch an der Angel, den Thomas dann auch an Bord bekam und todesmutig mit dem Messer durch die Kiemen tötete, Google sagte, ein Bonito Atlantico … also neuer Speiseplan für den Abend. Noch im Hellen erreichten wir die Ankerbucht in Morro Jable , Andrea zerlegte, nach You Tube-recherche den Bonito mit unserem noch nie benutzten Filetiermesser. Gegen 22.00 Uhr, normale spanische Essenszeit, gab es Spaghetti mit Bonito in Tomatensauce, sehr lecker.
Wir blieben noch einen Tag in der schönen Ankerbucht und erholten uns von den Aufregungen des Vortages. Einziger Programmpunkt war der Test unseres Wassermachers (Entsalzungsanlage), der bisher noch nicht im Einsatz war, da wir die meiste Zeit im Hafen und auf See verbracht hatten. Hier war die Gelegenheit günstig für den Test, da das Wasser sehr klar und sauber war. Ergebnis des Tests: das Gerät läuft kurz und schaltet sich prompt wieder aus, also begeben sich Thomas und Michael auf die Fehlersuche, verschiedenen Theorien werden durchgespielt, mit mäßigem Erfolg. Später stellt sich nach einem Telefonat mit dem deutschen Experten heraus, dass das Problem event. Ein defekter Drucksensor ist, den wir von Italien nach Deutschland geschickt bekommen. Bleibt zu hoffen, dass das Ding wirklich die Ursache ist.
Am nächsten Tag liften wir den Anker und es geht weiter nach Gran Tarajal, ein netter kleiner Hafen ohne Tourismus an der Ostküste von Fuerteventura. Wir schlenderten durch die Stadt und aßen abends in einem Fischrestaurant am Hafen verschiedene Tapas, die wir teilten. So kann jeder mal verschiedenen Gerichte probieren.
Am nächsten Tag entschieden wir uns gegen den ursprünglichen Plan, nach Puerto del Rosario zu fahren, das wirklich hässlich ist und ankerten in einer kleinen Bucht weiter nördlich „Puerto de la Torre“. Hier waren wir das einzige Segelboot unter vielen kleinen Fischerbooten … hhm und man fragte sich, warum das wohl so war. Abends gab es einen tollen Sternenhimmel, den man mit dem Handy und einer entsprechenden App bewundern konnte. Bei Niedrigwasser zeigten sich dann seltsame Schatten in der Nähe und als wir sie mit einem Scheinwerfer anleuchteten, zeigte sich, dass es ein paar schroffe Felsen waren. Ah ja, das war vielleicht der Grund, gut, dass wir uns auf unseren Anker verlassen können. Um ihn zu überwachen, gibt es eine Anker-App, die Alarm schlägt, wenn sich das Boot aus einem imaginären Kreis raus bewegt. Sie schlug nachts um 3.00 Uhr Alarm und wir standen senkrecht in der Koje. Es war aber alles in grünen Bereich und wir machten am nächsten Morgen einen großen Bogen um die Felsen, die schon wieder unter der Wasseroberfläche verschwunden waren.
Weiter gings an der Isla de Lobos im Norden von Fuerteventura vorbei an die Südspitze von Lanzarote zu einer Reihe von Traumstränden, den Playas de Papagayo. Hier lagen wir vor einer Bilderbuchkulisse vor Anker, tagsüber waren die Strände bevölkert und abends wurde es dann sehr ruhig. Wir gingen Schwimmen und Schnorcheln, hatten eine sehr schaukelige erste Nacht, was sich schon andeutete, als abends im Cockpit die Weingläser vom Tisch flogen.
Am nächsten Tag war der Plan, unser altes Dinghi aufzupumpen und einen kleinen Ausflug an den Stränden entlang zu unternehmen. Der Plan scheiterte am Außenborder, der nicht anspringen wollte. Nach 1001 Versuch und dem Zerlegen des Vergasers entschieden wir uns, die Flossen anzuziehen und zum Strand zu schwimmen, um unser Zuhause aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Die zweite Nacht war deutlich ruhiger und wir starteten am nächsten Morgen Richtung Arrecife, wo wir ab 6.09. einen Liegeplatz für 2 Wochen gebucht hatten. Da der Wind auf den Kanaren fast immer aus Nordosten weht, also genau aus der Richtung, in die wir wollten, war Kreuzen angesagt, also Zick-zack-Kurs.
In Arrecife angekommen, mieteten wir ein Auto für uns Vier, um die Insel zu erkunden. Nach ein paar Erledigungen in verschiedenen Läden und einem Friseurbesuch konnte es losgehen.
Lanzarote ist geprägt durch seine vulkanische Vergangenheit, sehr schroffe Felsformationen, Lavafelder, Krater, kleine Orte mit weißen Häusern und beeindruckende Kunstwerke seines Künstlers César Manrique.
Einen ersten Eindruck dieser sehr besonderen Landschaft bekamen wir am Rande des Timanfaya Nationalparks, den wir nur streiften, da sich endlose Warteschlangen gebildet hatten und man nur im Auto sitzend oder auf einem Dromedar reitend sich durch den Park bewegen durfte. Wir fuhren durch endlose Lavafelder, die teilweise mit unfassbarem Aufwand kultiviert und zum Anbau von Wein genutzt wurden … schwer zu glauben, dass auf diesen kargen Böden irgendetwas wächst.
Wir schauten uns im Süden noch die Marina Rubicon an und besuchten in Puerto Calero die Crew der Balu, die wir aus Porto Santo kannten, auf ein Bier.
Am nächsten Tag stand Jameos del Agua, ein beeindruckender Vulkantunnel mit unterirdischer Konzerthalle, Restaurant, Salzsee und Poollandschaft auf dem Programm, der von César Manrique gestaltet wurde. Die Bilder sprechen für sich.
Im Norden besuchten wir den Aussichtspunkt Mirador del Rio, der ganz versteckt in den Felsen gebaut wurde und einen atemberaubenden Blick auf die vorgelagerte Insel La Graciosa bietet. Ein paar Tage später versuchten wir den Mirador von See aus zu finden, was nur mit dem Fernglas möglich war. In der Ankerbucht von La Graciosa entdeckten wir ein Schiff, mit dem wir den letzten Winter an der Algarve verbracht hatten, die Layla Noa und machten erstmal ein Foto von „ganz oben.“ Den Plan, das Manrique-Haus in Haria zu besuchen, vertagten wir auf den nächsten Tag, weil wir über unseren Transocean-verein jemanden in Las Palmas gefunden hatten, der unser altes Dinghi kaufen wollte, weil seins gestohlen worden war. Die Balu hatte sich spontan bereit erklärt, das Boot am nächsten Tag mit nach Las Palmas zu nehmen. Also gab es einiges zu tun … das Boot abbauen, zerlegen, verpacken und nochmal zurück zur Balu.
Am Sonntag Vormittag hatten wir eine Verabredung mit ein paar anderen Crews, die wir aus Las Palmas und Arrecife kannten, in einer Bar in Teguise, ein bisschen nördlich von Arrecife. In Teguise gibt es sonntags einen großen Kunsthandwerkmarkt, aber der etwas ungewöhnliche Plan war, sich in einer bestimmten Bar zu treffen und Mojitos zu trinken. Also gut, der Markt ging komplett an uns vorbei und in der Bar war um 10.00 Uhr morgens eine Bombenstimmung bei toller Musik. Jan Luca, ein Italiener der sehr besonderen Art servierte Mojitos und gemischte Schnäpse, deren Namen ich vergessen habe … kein Wunder. Die anderen Yachties waren hier offensichtlich zu Hause und bekannt … eine interessante Erfahrung und spannenden Geschichten bis nachmittags. Wir schafften rechtzeitig den Absprung, weil wir ja noch das César Manrique-Haus in Haria besuchen wollten. Der Künstler begann 1986 mit den Renovierungsarbeiten an dem alten Bauernhaus und wohnte bis zu seinem Tod 1992 hier … ein sehr interessanter und privater Einblick in sein Leben. Und da wir schonmal dort waren, besuchten wir sein Grab in der Nähe als Abschluss.
Am 12. wurde, wie schon erwähnt, unser neues Dinghi geliefert, pünktlich morgens um 8.00 Uhr stand Ruben auf dem Parkplatz der Marina, wer hätte das gedacht. Wir verstauten das neue Gummiboot auf dem Vordeck und danach gab es noch einige Besuche von netten Bekannten im Hafen, mal auf anderen Schiffen, mal auf der Jobber.
Bevor unsere Freunde zurück nach Deutschland flogen, verbrachten wir noch 2 Nächte vor Anker in der Playa Francesa vor La Graciosa und trafen die Crew der Layla Noa wieder, mit der wir den Winter an der Algarve verbracht hatten. Es gab viel zu erzählen, aber wir waren auch in Kontakt geblieben über die vergangenen Monate. Nach einer entspannten Zeit vor Anker ging es mit dem Parasailor zurück nach Arrecife.
Von unserem Liegeplatz am Eingang des Hafens aus machten wir am nächsten Morgen eine bedrückende Entdeckung. Ein Rettungskreuzer hatte geschätzte 50 dunkelhäutige Personen, in Decken eingewickelt an Bord, die nach und nach an Land gingen und durch einen Rot-Kreuz-Container geschleust wurden. Wir hatten im Internet gelesen, dass aktuell sehr viele Flüchtlinge die Kanaren erreichen, weil das Wetter um diese Jahreszeit ruhig ist. Wir hatten schon beim Auslaufen Richtung La Graciosa Ähnliches gesehen inkl. eines Holzbootes mit Außenborder, das in den Hafen geschleppt wurde. Dinge in den Nachrichten zu sehen oder hautnah mitzuerleben, ist etwas Anderes.
Wir überlegten, was wir tun würden, wenn uns ein Flüchtlingsboot auf See begegnet und viel mehr als Hilfe zu rufen, kann man wohl nicht tun … eine bedrückende Vorstellung.
Wir verabschiedeten unsere Freunde am 17. September und hatten , wie immer, noch einiges zu tun an Bord vor der Abreise nach Teneriffa. Es war eine sehr schöne Zeit zu viert, sehr entspannt und auch für uns mit vielen tollen Erlebnissen gefüllt, die wir zu zweit nicht gehabt hätten. Vielen Dank Andrea und Michael für die schöne Zeit und Eure tatkräftige Hilfe.
Am 20. starteten wir, nach ein paar traurigen Abschieden „wir sehen uns in Trinidad!“ Richtung Teneriffa, Santa Cruz. Unterwegs merkten wir, dass wir uns verrechnet hatten. Wir wollten am 22. in Santa Cruz sein, brauchten aber nur einen Tag und eine Nacht. Also blieben wir noch eine Nacht in Papagayo vor Anker … auch schön! Thomas bastelte aus 2 nicht funktionierenden Vergasern für den Außenborder einen Funktionierenden und wir konnten tatsächlich mit dem neuen Dinghi eine Jungfernfahrt machen, toll!
Nun sind wir in Santa Cruz angekommen, eine tolle Stadt, liegen sicher im Hafen, rundum Leute, die wir schonmal irgendwo getroffen haben … wo war das noch gleich? Die Welt ist klein.
Übermorgen geht es nach Deutschland für zwei Wochen. Hoffentlich ist es nicht so kalt.
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