Am 16. Januar machten wir die Leinen los in der Marina Etang Z ´Abricot in der Nähe von Fort de France auf Martinique. Unser Ziel war, die nördlich gelegene Insel Dominica und der erste Teil der Überfahrt in Lee (Windschatten) von Martinique war ruhig und angenehm, wie meistens auf der windabgewandten Seite der Inseln. Zwischen den Inseln erwischte uns die Düse mit voller Breitseite und die 3-m-Welle von schräg vorn, auf was wir vorbereitet waren, indem wir beide Segel gerefft hatten (hier klicken für einen Film). Thomas hatte im ruhigen Wasser die Angel am Heck befestigt und die schlug prompt an, als es ziemlich schaukelig war … Mist! Er zog schnell die Schwimmweste an, pickte sich mit der Lifeline (Gurte mit Karabinern an der Schwimmweste) in das Strecktau (Gurt auf beiden Seiten an Deck von Bug bis Heck gespannt) ein, um nicht über Bord zu gehen und hangelte sich ans Heck zur Angel. Die Angel hatte ordentlich Druck und Thomas versuchte, die Angelschnur Stück für Stück einzukurbeln. Plötzlich ließ der Druck nach und am Ende der Schnur waren Köder und Wirbel und man weiß nicht, wieviel Angelschnur, weg. Eigentlich waren wir beide ganz froh, bei diesen wilden Bedingungen keinen großen Fisch an Deck hieven und umbringen zu müssen.
Nach etwa 3 Stunden wildem Ritt erreichten wir den Windschatten von Dominica und das Meer wurde wieder ruhiger. Wir machten in Roseau, der Hauptstadt von Dominica, an einer Boje fest, die wir im Vorfeld bei Sea Cat per E-Mail reserviert hatten. Sea Cat besteht aus Octavius, dem Chef und ein paar Boatboys, die den Yachten beim Anlegen an die Bojen behilflich sind, Ausflüge und Bootstaxidienste anbieten und manchmal vorbeikommen und fragen, ob alles o.k. ist. Die Kommunikation funktioniert über Funk Kanal 16, der eigentlich der Notfallkanal ist. Unser Boatboy war Roods, er wies uns die Boje in unmittelbarer Nähe von unseren Schweizer Freunden auf der AVALON zu, die schon ein paar Tage dort waren und wir waren ab da „friends of Avalon“.
Hier lagen wir sehr ruhig am Rande von Roseau vor ein paar Restaurants und Bars am Ufer, dahinter direkt der Urwald. Ein wenig später wurde die Crew der Avalon von Desmond (Sea Cat Boatboy) zu ihrem Schiff gebracht und „Ah, Ihr seid auch da, wie schön!“ direkt weiter zur Jobber auf einen Rumpunsch. Desmond sah total bekifft aus und versprach, später wiederzukommen für den Transport von Jobber zu Avalon … wenn das mal klappt. Unsere Schweizer Freunde, die Dominica schon erkundet hatten, hatten ein paar wertvolle Tipps, was sich lohnte, anzuschauen, dieser Art von Austausch und Unterstützung mit lieben Menschen „im selben Boot“ ist immer wieder toll. Desmond kam tatsächlich, brachte „Mister Bean“ mit, der ebenso bekifft war und wir verabschiedeten uns, denn die Avalon wollte am nächsten Tag weiter nach Norden.
Roods holte uns am nächsten Morgen mit seinem Boot ab, denn wir mussten am Fährhafen einklarieren und es gab kein Dinghi-Dock in der Stadt, daher blieb unser Beiboot an Deck verstaut. Im Fährhafen können bis zu drei Kreuzfahrtschiffe festmachen und es bildeten sich lange Schlangen für die Formalitäten. Ein netter Sicherheitsbeamter geleitete uns über eine Hintertür zu einem kleinen Office und Ein-und Ausklarieren war in einem Rutsch und in 10 Min für umgerechnet 3 Euro erledigt. So schnell und so billig ging´s noch nie.
Wir schlenderten eine Runde durch die Stadt und gingen zu Fuß zum Büro von Sea Cat, Richtung unseres Bootes zurück. Den Häusern an der Küste sieht man die Zerstörung durch den Hurricane Maria 2017 noch deutlich an, aber die Menschen sind unglaublich freundlich und tiefenentspannt, was vielleicht an dem allgegenwertigen Duft nach Haschisch liegt. Das „Büro“ von Sea Cat besteht aus einer Bastmatte als Dach am Strand, einer Palme und ein paar Stühlen. Wir vereinbarten für den kommenden Tag einen ganztägigen Ausflug über die Insel zusammen mit ein paar anderen Seglern aus der Ankerbucht.
Um 9.00 Uhr morgens ging´s los mit Octavius, seiner Tochter Chelsey, 2 weiteren Deutschen und einer britisch-französischen Familie mit Sohn. Erste Station war ein toller Aussichtspunkt über die Insel und endlose Flächen undurchdringlichen Urwalds. Octavius hielt immer wieder an, palaverte lauthals mit Locals, die er kannte oder auch nicht und ging rechts oder links in den Wald und pflückte Vanilleschoten, Muskatnüsse, Kakaofrüchte oder Blätter von Obstbäumen und wir mussten raten, um was es sich handelt … gar nicht so einfach. Er erzählte uns einiges über die Schäden des Hurricanes 2017 u.A. gibt es ein neues Krankenhaus in Roseau, das von den Chinesen finanziert und gebaut wurde, das Dominica-China Friendship Hospital, eines dieser selbstlosen, chinesischen Entwicklungshilfeprojekte. So ein armes Land wie Dominica hat wohl leider keine andere Wahl, als sich in derartige Abhängigkeitsverhältnisse zu begeben.
Anschließend ging es zum Fresh Water Lake und einer Wanderung rund um den See, ziemlich steil rauf und runter über schlammige Stufen.
Nächster Stop vor der Mittagspause war der Titou Gorge, eine enge Schlucht mit Lichteinfall an hohen Felswänden, durch die man zu einem Wasserfall schwimmen kann.
Mittagspause machten wir in einem kleinen Lokal mit toller Aussichtsterrasse auf den Urwald und Kolibris um uns rum. Hier kamen wir mit den anderen Teilnehmern des Ausfluges ins Gespräch und wunderten uns über sehr unterschiedliche Sichtweisen auf den Brexit. Die Briten fühlten sich von Europa über den Tisch gezogen und benachteiligt … na, ja!
Den spektakulärsten Programmpunkt hatte Octavius sich für den Nachmittag aufgehoben, die Trafalgar Falls. Wir kletterten über große, glitschige Felsen, durch Felsspalten und durch Wasserbecken zum Fuß eines der beiden Wasserfälle. Oben angekommen, waren wir sicher, da kommen wir nie wieder runter. Wir badeten im Becken am Fuß des Wasserfalls, wo seitlich aus dem Felsen etwa 40 Grad warmes, schwefelhaltiges Wasser kam und von oben kaltes Wasser vom Wasserfall … sehr einzigartig. Im warmen Wasser dümpelnd, sammelten wir den nötigen Mut für den Abstieg. Dies ging viel besser als gedacht, da man die Hindernisse ganz gut auf dem Po rutschend überwinden konnte (hier klicken für einen Film).
Auf dem Rückweg zu Sea Cat machte Octavius noch Halt an einem Kokosnuss-stand. Wir bekamen eine kurze Einführung in die verschiedenen Reifegrade von Kokosnüssen und durften probieren (hier klicken für einen Film). Alles in allem ein sehr gelungener und ereignisreicher Tag, der uns noch ein paar Tage in den Knochen stecken sollte.
Wir verbrachten noch ein paar Tage an der Boje, in der Innenstadt von Roseau, auf dem samstäglichen Wochenmarkt am Hafen mit unglaublich dichten Haschischschwaden an jeder Ecke und kurierten unseren Muskelkater aus.
Nach einer guten Woche zahlten wir unsere Boje (umgerechnet 18 Euro pro Nacht), verabschiedeten uns von Roods mit einem Trinkgeld und starteten früh Richtung Martinique, also wieder zurück, um den Termin mit dem Monteur zur Reparatur unseres Generators am übernächsten Tag wahrzunehmen. Zwischen den Inseln hatten wir so viel Wind wie noch nie, 36 kn, was 8 Windstärken entspricht. Wir verkleinerten die Segel auf Handtuchgröße, uns war schon ein bisschen mulmig, aber Jobber rauschte unbeeindruckt durch die hohen Wellen. Nicht zum ersten Mal waren wir froh, ein so solides Boot zu haben, auf dem man sich auch bei solchen Bedingungen sicher fühlen kann.
Wir verbrachten eine Nacht an einer Boje in St. Pierre, Martinique und machten uns früh auf den Weg nach Le Marin im Süden von Martinique. Die Ankerbucht und auch der Hafen in Le Marin sind immer supervoll und wollten nicht zu spät ankommen, um noch einen guten Ankerspot zu bekommen. In Le Marin war das Wetter sehr schlecht, viel Wind und Starkregen, also null Sicht in der schmalen Einfahrt in die Ankerbucht. Wir nutzen unseren in die Frontscheibe des Deckshauses eingebauten Scheibenwischer (er besteht aus einer Glasscheibe, die sich schnell dreht und die Wassertropfen wegschleudert), was bislang erst 1-2 Mal nötig war. Nach dem dritten Anlauf hatten wir einen sicheren Ankerplatz und Jutta war nass bis auf die Haut (hier klicken für einen Film).
Abends holte uns die Crew der GENADI, die wir aus Mindelo kannten und schon in den Tobago Keys wiedergetroffen hatten mit dem Dinghi ab zur „Soiree Dances Latines“ in die KokOaRum Bar, wo wir noch ein paar andere Leute kennenlernten und wo es Cocktails mit Salsa-Tanzunterricht gab. Nebenbei gab es noch Tipps für St. Lucia und St. Vincent, die Inseln, die wir ja noch nicht besucht hatten.
Am nächsten Tag kam Mano, der Mechaniker, zwar einen halben Tag später als vereinbart, aber er hatte unseren Generator in knapp 2 Stunden repariert … großartig! Wir verbrachten noch etwa eine Woche in Le Marin mit guten Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel und Bootszubehör und mit schönen Abenden mit alten Bekannten von den Kanaren und neuen Bekannten aus Martinique.
Der letzte Blogeintrag war eine echte Herausforderung, weil unsere Tochter Johanna bei ihrem Besuch 1001 tolle GoPro-Film und ebenso viele Fotos gemacht hatte und die Auswahl schwerfiel.
Schließlich brachen wir doch auf in Richtung St. Lucia. Unterwegs sahen wir einen von diesen traditionellen,
lokalen Segelbooten, in die, je nach Windrichtung, hölzerne Ausleger gesteckt werden, an deren Ende, die Crew dann turnen muss, wenn eine Böe kommt, um ein Gegengewicht zu bilden.
Unser Tagesziel war Rodney Bay auf St. Lucia. Ein junges Paar, das wir auf Madeira kennenlernten, und die die große Atlantikrunde schon hinter sich hatte, erzählte uns, dass sich ein Gecko in Rodney Bay auf ihr Boot geschmuggelt hatte, den sie Rodney tauften und der sie lange begleitete. „Wenn Du einen Gecko hast, hast Du keine Kakerlaken an Bord.“ Das ist dann wohl die Öko-Variante ohne Gift.
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Stefan (Freitag, 23 Februar 2024 11:44)
Toller Bericht und schöne Fotos!
Viel Spaß bei den weiteren Erkundungen!
Gruß von derMokendeist
Anne und Stefan