Wir waren nun also auf Barbuda, was ja schon ziemlich exotisch klingt und hatten einen Tipp von Schweizer Seglern bekommen, bei Inoch in seiner Strandhütte „Shack-A-Kai“ einen Lobster zu essen. Das geht so: man schreibt Inoch auf WhatsApp an (die Nummer findet man im Internet) und bestellt für den folgenden Tag einen Hummer. Man fährt mit dem Dinghi an den Strand, was unsere Idee war, keine besonders gute, oder macht an Inochs Boje fest und schwimmt rüber. Wir waren an dem Montag die einzigen Gäste bei Inoch, tranken erstmal einen Rumpunsch und machten es uns an der Bar auf einer Schaukel gemütlich. Das hatten wir schon öfter gesehen, dass man an einer Bar auf Schaukeln sitzt … ob das mit der Wirkung von Rumpunsch zusammenhängt? … oder mit der Tatsache, dass man als Segler an Land leicht landkrank wird?
Inoch servierte 2 Lobster mit gerillter Kartoffel und einer Art Kräuterbutter … sehr lecker. Plötzlich sah Jutta aus dem Augenwinkel ein Dinghi am Strand entlang treiben. „Ähhh, ist das unser Dinghi?“ Klar, war ja kein anderer da. Thomas sprang also von der Bank, rannte zum Strand und ins Wasser, um unser Beiboot zu retten, das war knapp!
Abends hatten wir zwei überraschende Gäste an Bord. Zwei Brauntölpel fanden unseren Bugkorb sehr gemütlich, waren gar nicht ängstlich und blieben über Nacht. Das Ergebnis war ein vollgeschissenes Vorschiff und eine größere Putzaktion mit der Deckwaschpumpe (Pumpe, die Seewasser über ein Seeventil an Deck pumpt).
Wir blieben noch einen Tag, weil der Wind für die Überfahrt nach St. Barth zu schwach war, der nächste Tag eine bessere Prognose hatte und nutzten die Zeit zum Schnorcheln. Allerdings war die Unterwasserwelt erstaunlich unspektakulär. Wir hätten gedacht, dass hier mit so wenig Menschen und traumhaftem Wasser eine Menge los sein müsste unter Wasser, aber das war leider nicht so. Wir sahen viele tote Korallen und wenig Fische … das hatten wir hier nicht erwartet.
Die Baustelle mit dem defekten Autopiloten hatten wir im Griff (hoffentlich!), den Thomas hatte festgestellt, dass das Problem, so unwahrscheinlich es auch sein mochte, wohl das Kabel zwischen Ruderlagergeber und Kurscomputer war (muss man nicht verstehen) und hatte es ausgetauscht. „Siehst Du? Gut, dass wir so viele Ersatzkabel an Bord haben!“ Jaahaaa, die restlichen 25 km brauchen wir wahrscheinlich nie.
Am nächsten Morgen starteten wir im Morgengrauen in Richtung St Barth, etwa 66 Seemeilen. Wir hatten Wind von hinten und schon mal den Parasailor angeschlagen, der uns die ganze Strecke lang gut vorangebracht hat. Das Frühstück, Wraps mit Baked Beans, war so semi bis geht so, aber der Autopilot lief wieder und das war eine richtig gute Nachricht.
Wir hatten die Schleppangel ausgebracht und nach ein paar Stunden hörten wir das typische Grrrrh, das uns sagte, ein Fisch hatte angebissen. Thomas zog schnell die Schwimmweste an und ging ans Heck, um festzustellen, dass der Fisch schon einiges an Leine rausgezogen hatte. Die Angel bog sich und hatte einen ordentlichen Widerstand. Plötzlich sprang vielleicht 80 m hinterm Boot ein ziemlich großer Schwertfisch 2 m hoch aus dem Wasser … oh mein Gott, der ist groß! Thomas hatte eine halbe Stunde zu tun, um den Blue Marlin ans Boot zu kurbeln, wobei Jutta sich um den Frachter kümmerte, der gleichzeitig auf Kollisionskurs war. Mit einem Fisch an der Angel reduziert man normalerweise die Geschwindigkeit, was mit dem Parasailor aber nicht möglich war. Schließlich war der Fisch direkt am Heck des Bootes und wir machten das Gaff (Haken, um den Fisch an Bord zu ziehen) bereit, als die Angelschnur riss und Fisch, Köder, Haken waren weg. Puh, so schade und sehr unglücklich für den armen Marlin, der den Köder noch im Maul hatte. Unsere Angelschnur hält einer Belastung von 38 Kg stand … da brauchen wir wohl eine stabilere.
Wir kamen noch bei Tageslicht in St. Barthèlemy (Abkürzung: St. Barth) an und fanden vor Gustavia eine Boje in einem sehr vollen Ankerfeld. Am nächsten Morgen ging es mit dem Dinghi zum Einklarieren und wir erfuhren, dass wir gleichzeitig Ausklarieren können, wenn wir nicht länger als 24 Stunden bleiben, sonst müssten wir noch einmal zurückkommen für die Prozedur. Wir wollten mind. 2 Nächte, in zwei Ankerbuchten bleiben, stellten uns also dumm und waren dann eben für eine Nacht illegal unterwegs … kontrolliert eh keiner … war auch so. Wir fanden noch einen Supermarkt mit unglaublichen Preisen, die ins Umfeld passten, denn hier gab es von Dior bis Rolex absolut alles, was unbezahlbar war.
Wir fuhren in die nächste Bucht, Anse de Colombier, wo es viele Schildkröten und Schnorchler um uns herum gab. Wir gingen also auch Schnorcheln und entdeckten ein paar Rochen und bunte Fische. Thomas reinigte noch das Unterwasserschiff, was schon wieder Algen angesetzt hatte. Das ist sehr anstrengend, weil man nur kleine Einheiten mit Luftanhalten schafft, aber hier hat Mc Gyver auch schon eine Idee, wie das mit einer Tauchflasche, einem Schlauch und einem Atemregler besser geht.
Die nächsten illegalen 24 Stunden verbrachten wir auf der vorgelagerten Ile Fourchue, die landschaftlich wunderschön ist und ergatterten eine der 10 Bojen, die es dort gab … Glück gehabt. Hier gab es ein paar andere Schiffe, viele Seevögel und ein tolle Unterwasserwelt.
Unser nächstes Ziel war die Insel Sint Maarten, wie der holländische Teil heißt oder St. Martin, der französische. Hier ist es sehr touristisch und rummelig, aber es gibt gute Handwerksbetriebe, Schiffsausrüster, Baumärkte und was das Seglerherz begehrt. Seit Barbuda hatten wir nämlich ein Problem mit der Kühlwasserpumpe unseres Volvos, denn es tropfte Salzwasser in den Motorraum und auf die Lichtmaschine, was dringend behoben werden musste. Wir ankerten sonntags nachmittags also in der holländischen Simpson Bay, wo es schaukelig war, laute Musik vom Ufer herüberschallte, wenn nicht gerade ein Flieger vom Flughafen in Sichtweite über uns donnerte.
Montags morgens holten wir uns einen dicken Anschiss von der mies gelaunten Beamtin der Einklarierungsbehörde ab, weil wir am Tag zuvor hätten kommen sollen. Lt. Internet hatte das Büro aber zu der Zeit nicht geöffnet und „außerdem müssen sie morgen wiederkommen, denn die Kollegin von der Immigration ist heute nicht da.“ Na super, ein schwedisches Paar, dem es genauso ging, erzählte uns, sie kämen gerade aus Südafrika zurück, wären einmal um die Welt gesegelt und wenn man mal in Franz. Polynesien war, ist diese Nummer hier noch viel schlimmer als vorher.
Wir klapperten ein paar Schiffsausrüster ab und kauften „ein paar Kleinteile“ für etwas über 300 €. Wir fuhren mit dem Dinghi durch die innenliegende Lagune der Insel, die uns wie ein einziger Schiffsfriedhof vorkam, hier lagen so viele verlassene Schiffe ohne Mast in einem erbarmungswürdigen Zustand.
Thomas schaffte es mit viel Charme und noch mehr Hartnäckigkeit einen Termin am Dienstag mit einem Techniker der Volvovertretung zu vereinbaren. Wir saßen den ganzen Tag an Bord in Warteposition und niemand kam (Thomas: „ich hasse die Franzosen!“), Mittwoch war Feiertag, also peut-etre Donnerstag. Renan kam am Donnerstag, baute die Pumpe aus, nahm sie mit, tauschte ein paar Teile und baute sie am Freitagmorgen wieder ein … 700 € und alles gut!
Renan empfahl uns, unbedingt ein paar Wartungsarbeiten zu machen, die schon ein paar Jahre überfällig waren … Wärmetauscher reinigen, Turbo, Luftkühler, Zahnriemen … in der kommenden Woche waren allerdings in Frankreich zwei weitere Feiertage, also ganz schlecht.
Zum Trost trafen wir uns mit der Crew der Balu, die uns schon ein paarmal begegnet war auf unserer Reise, in der Hafenbar zum Rumpunsch. Montag war Großkampftag mit Wäsche, Einkaufen, Friseur, Angelladen und Volvovertretung, mit der wir einen Termin für den kommenden Montag vereinbaren konnten im französischen Teil der Insel.
Dienstag brach die Balu auf Richtung Azoren (ca. 3 Wochen am Stück) und zurück nach Europa. Wir verabschiedeten sie mit guten Wünschen und lautem Getröte mit dem Nebelhorn.
Wir bekamen glücklicherweise einen Liegeplatz im Hafen Fort Louis im französischen Teil für 4 Nächte, so dass die Wartungsarbeiten hier stattfinden konnten.
Wir verbrachten noch eine Nacht vor Anker in der Nähe des Hafens und trafen Arnaud wieder, der uns in der Straße von Gibraltar vor einem Jahr ganz fürchterlich versägt hatte mit seinem supersportlichen Katamaran. Wir fuhren rüber, um Hallo zu sagen, erfuhren ein paar interessante Details über die venezolanischen Inseln Los Roques, die wir vielleicht noch besuchen wollten, Arnauds Frau kommt nämlich aus Venezuela … das lassen wir dann wohl besser, denn es scheint unglaublich teuer und korrupt zu sein. Und Arnaud schenkte uns seinen Törnführer über die Bahamas, gegen das Versprechen, dass wir in der nächsten Saison unbedingt dorthin segeln, weil es da sooo toll ist … merci beaucoup!
Wir bekamen einen Platz längsseits am Zugangssteg zum Hafen, sehr verkehrsgünstig und jeder kam an unserem Cockpit vorbei … bonjour … salut … hi…hello… hallo! So kommen auch, kaum dass wir die Leinen fest haben, Bekannte vorbei, die wir schon auf Martinique und Guadeloupe getroffen haben. Hiii … das ist ja nett! Schön, Euch zu sehen!
Wir waren seit fast zwei Monaten in keinem Hafen mehr und so genossen wir die Annehmlichkeiten … man kann einfach so von Bord und zum Bäcker gehen, man hat Sanitäranlagen (mehr als die Hälfte funktioniert nicht, grrhhh), Müllentsorgungsmöglichkeiten und nette Nachbarn, es schaukelt nicht, es gibt einen Wasseranschluss und Landstrom für die kleine Klimaanlage.
Montags kam auch tatsächlich unser Mechaniker, Renan, vorbei, baute unter wildem Gefluche und Gestöhne diverse Teile des Volvos aus, nahm sie mit in die Werkstatt, wo sie gereinigt wurden und baute sie nachmittags wieder ein. Für das Wechseln des Zahnriemens hatte er leider keine Zeit mehr und wir hofften, dass er das auch in den folgenden Tagen noch erledigen würde.
Wir gingen jeden Tag mit mehreren Rucksäcken Einkaufen, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen, weil es in St. Martin ganz gut sortierte und bezahlbare Supermärkte gab. Das war eine sehr schweißtreibende Angelegenheit bei der Hitze und einem 1,5 km Fußmarsch. Hier trafen wir auch immer wieder „Leidensgenossen“, die uns deutsch sprechen hörten und mit denen man ins Plaudern kam … wo liegt Euer Schiff? Wo kommt Ihr her, wo wollt Ihr hin? Ach, bei uns war dies und jenes kaputt … kennt Ihr einen Mechaniker? Da sitzt man schnell „in einem Boot“.
Wir konnten unseren Liegeplatz im Hafen verlängern, weil Renan frühestens am Freitag kommt und danach ist ja wieder mal Feiertag am Montag (Pfingsten). Na, ja es gibt ja immer was zu tun … aktuell zickt mal wieder der Generator und Mc Gyver steckt im Motorraum, aber irgendwann müssen wir nach Süden, denn uns sitzt die Hurricane-saison im Nacken, die Anfang Juni beginnt und da sollten wir hier weg sein.
Kommentar schreiben